Bericht Kathrin Ebinger 2014

Erfahrungsbericht  einer Famulatur im Hospital 

Kathrin Ebinger, im 7. Semester an der Ludwig-Maximilians-Universität München, berichtet von ihrer Famulatur im August 2014.

Nach einem unkomplizierten Bewerbungsprozess mit einer schnellen Zusage konnte ich mich um meinen Flug und ein Stipendium kümmern. Dank der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde mir mein Aufenthalt im Hospital Andino del Alto Chicama finanziell vereinfacht.

Ende Juli 2014 reiste ich per Flugzeug nach Lima, mit einem Nachtbus nach Trujillo weiter und nach einem kurzen Zwischenstopp bei der Fundación Oswaldo Kaufmann mit einem Überlandbus in das schöne Dorf Coina. Mit offenen Armen wurde ich auf der medizinischer Seite von zwei Ärzten, einer Hebamme, zwei Krankenschwestern, zwei Krankenpflegehelfe­rinnen, einer Laborantin und einer Krankenschwester, welche sich ausschließlich um die Verwaltung kümmert, begrüßt. Der Hausmeister half sofort mit dem Gepäck und nach der langen Reise freute ich mich auch über die kalte Dusche und ein warmes Abendessen von der Köchin.

Die Arbeitstage, in meinem Fall Montag bis Samstag, beginnen mit der täglichen Visite. Die stationären Patienten werden grundsätzlich von ihren Familien begleitet und versorgen ihn allgemein, das Hospital medizinisch. Danach teilen sich die Ärzte auf, einer betreut das „Consultorio“ – die Sprechstunde, der andere kümmert sich um Notfälle und Sonographie. Die Sprechstunde wird von Montag bis Samstag abgehalten, Notfälle werden natürlich rund um die Uhr betreut.

Der Andrang für die Sprechstunde ist sehr unterschiedlich, abhängig davon, ob die Campesinos eine Möglichkeit haben, nach Coina zu kommen. Das bedeutet, dass man sich an Markttagen und an den Tagen mit Busverbindung in die Berge kaum vor Patienten retten kann, es an anderen Tagen dafür eher ruhig ist. Viele Patienten mit weiter Anreise kommen wirklich erst, wenn alle selbstgekauften Antibiotika oder sonstige Medikamente über Wochen nicht angeschlagen haben, was die Therapie in diesem Zustand sicher nicht leichter macht.

Da die nächsten Fachärzte ca. sechs Busstunden entfernt sind, bekommt man ein sehr breites Spektrum an Krankheiten zu sehen. Am häufigsten Infektions­krankheiten, Parasiten und aufgrund des zum Teil mit Schwermetallen verunreinigten Wassers Magen­schleim­haut­entzündungen und verschiedene Formen von Krebserkrankungen. Doch auch mit wirklichen Notfällen hat das Hospital zu kämpfen wie beispiels­weise Magenblutungen, Schlaganfällen und schweren Asthmaanfällen. Vor allem bei diesen Akutsituationen fehlen oft wichtige Medikamente und genauere Diagnostikmöglichkeiten, was wiederum ein heraus­ragendes Improvisationsvermögen aller Angestellten nötig macht.

Zusätzlich zur Arbeit im Hospital werden durch das Hospital Personal, der Hebamme und der Kinder Krankenschwester verschiedene, schwer zugängliche Hochlandregionen besucht, um vor allem Kinder und alte Menschen zu impfen, Schwangere zu betreuen, Kindervorsorgeuntersuchungen durchzuführen und Frauen auf die vorsorgliche Untersuchung auf Gebärmutterhalskrebs hinzuweisen.

Bei diesen Besuchen bekommt man einen wirklichen Eindruck von dem Leben der Landbevölkerung. Ohne fließendes Wasser und sanitäre Anlagen leben Groß­familien in selbstgebauten Lehmziegelhütten mit maximal zwei Räumen. Die Lebensqualität hängt stark mit der Ernte und den dazugehörigen Marktpreisen zusammen. Die nächste Grundschule ist meist erst innerhalb von vier Fußstunden erreichbar, der Besuch einer weiterführenden Schule aber aufgrund noch größerer Distanzen kaum möglich.

Ich durfte in jedem Bereich des Hospitals mitarbeiten und konnte dabei viel lernen: Ultraschall Unter­suchungen bei Schwangerschaften, Geburtshilfe, Kindervorsorgeuntersuchungen, Platzwunden nähen, Magensonden legen, direkte Bluttransfusionen und vieles mehr, doch vor allem improvisieren. Gerade das Ausstellen von Rezepten ist viel schwerer als gedacht, da viele Medikamente im Hospital nicht mehr verfügbar und in der Apotheke in Coina zu teuer waren. Daher wurde eine Medikamentensendung aus Deutschland dringend erwartet. So mussten daher Angehörige speziellere Medikamente aus dem 6-12 Busstunden entfernten Trujillo besorgen, was für die Familien ein großes Problem darstellt.

Das Hospital ist groß, mit vielen Ressourcen, doch es müsste an jeder Ecke renoviert werden. Die Decke sinkt ein, es gibt große Risse in den Wänden, kaputte Fensterscheiben und dunkle, kleine Patientenräume. Während meines Aufenthaltes wurde daher das Dach eines Gebäudes neu gedeckt. Immer wieder wird das komplette Hospital vor neue Herausforderungen gestellt: die Stromversorgung reichte nicht mehr aus, das Krankenaktenarchiv musste umziehen, alte Gegenstände, welche im Inventar aufgenommen sind, dürfen nicht weggeworfen werden und Kompressen werden von Hand zugeschnitten, verpackt und mittels Mikrowellen Ofen sterilisiert.

Die in zwischen erneuerte Röntgenanlage ist noch nicht in Betrieb, da die Elektrizität noch so schwach ist, sodass bei der Aufnahme eines konventionellen Röntgenbildes, das ganze Hospital ohne Stromver­sorgung bleibt und das Bild trotzdem nicht zustande kommt – in Deutschland unvorstellbar. Dieses Pro­blem sollte aber bald gelöst sein, da momentan ein Dreiphasenwechselstrom-System, von Coina kom­mend installiert wird. Allerdings müssen dazu Masten auf Privatgrundstücken aufgestellt werden, was nicht immer einfach durchführbar ist und zu Verzögerungen geführt hat.

Kleinere ärztliche Tätigkeiten können inzwischen von einer Posta de Salud (eine kleine, staatliche Gesund­heitsstation) in Coina ohne Labor oder Bildgebung übernommen werden. Allerdings werden hier nur Personen behandelt, die über eine Geburtsurkunde verfügen, was leider in dieser Gegend nicht die Regel ist.

Für Patienten die eine stationäre Betreuung oder eine Diagnostik wie Sonografie, EKG oder Laborbefunde benötigen, ist das Hospital für die Gegend unerlässlich. Die gute Zusammenarbeit zwischen der Posta de Salud und dem Hospital ermöglicht summa summarum eine bessere Versorgung rund um Coina und eine qualitativ hochwertigere Aufklärungsarbeit.

Die Famulatur war eine unvergleichliche Erfahrung. Trotz aller Umstände, die das Arbeiten erschweren, konzentrieren sich die Angestellten aufopferungsvoll auf jeden Patienten, sie helfen sich gegenseitig, ob sie sich im Dienst befinden oder nicht. In einem so vielseitigen und gastfreundlichen Land kann man sich nur wohl fühlen.                                                            Kathrin Ebinger

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